Rennbericht zum Ironman Warschau

Erstellt am 10. Juli 2024

Der Ironman (IM) 70.3 Warschau war für mich nicht bloß das erste Mal eine Halbdistanz in einer anderen Stadt und relativ früh in der Saison, sondern zugleich nach über 10 Jahren das Wiedersehen mit der Stadt, in der ich die beste Zeit meines Studiums als Erasmus-Student verbringen durfte!

Auf altbekannten Wegen zwischen Erinnerungen nun eine Halbdistanz zu absolvieren - ich machte mich emotional auf so einiges gefasst.

Die große Nostalgie bliebt anfangs jedoch aus - Warschau ist kaum wiederzuerkennen. Zwischen neu angelegten Radwegen, Skyline, erstklassigen Öffis, veganen Restaurants und Bioläden galt es erstmal alle möglichen neuen Eindrücke zu verarbeiten, doch langsam entdecke ich auch den etwas verborgeneren Charme von damals wieder.

Nach einem Dauerlauf entlang der Wisła und einem entspannten Rad-Checkin in Warschau selbst - mein Rad würde in die Wechselzone T1 gebracht werden - rückte dann endlich der letzte Abend vor dem Wettkampf näher und Vorfreude machte sich breit!

Am Morgen des 9.6. fuhr ich in einem Sonderzug voller Athleten zum Start am Zegrzynski See. Dank Rolling-Start kam kein Stress bei der Vorbereitung (aufpumpen, Toilette) auf, vielmehr wartete ich noch eine ganze Weile im 31-36:00er Block unter der Neoprenhaut schwitzend in der Sonne. Die Stimmung war großartig, mit Musik und Moderation, von der ich kaum ein Wort verstand, verging die Zeit schnell bis ich endlich an der Startlinie stand!

Die Athleten vor mir ließen sich beim Wassereinstieg Zeit als ob sie noch einen ganz langen Tag vor sich hätten, und mit Delfin-Sprüngen - wie beim Schwimmtraining im Müggelsee geübt - ging es fix an dem ersten Dutzend vorbei. Im Wasser war das Gefühl ausgesprochen gut und ständig auf der Überholspur zu sein motivierte mich zusätzlich, sodass ich nach kurzweiligen 31:34 Minuten aus dem Wasser kam und mich auf den Weg in die T1 machte.

Nach meinen verschlafenen Wechseln beim Berlin-Triathlon galt es nun, auch wenn kein Windschatten gefahren wird, sich in T1 besonders zu sputen. Der Wechselbeutel erleichterte mir dies, übersichtlich musste das Rad quasi nur noch von der Stange genommen werden, und schon saß ich auf dem Sattel und hörte die Laufräder über den Asphalt rauschen. So gut die Straßen auch waren (ebenfalls eine große Veränderung zu vor 10 Jahren), verlor ich gleich bei der ersten der seltenen Schlagrillen meine Aero-Flasche mit Kohlenhydraten. Glücklicherweise klappte, wenn auch nach einigen Fehlgriffen, an beiden Verpflegungsstationen die Wasseraufnahme und mit zwei Gels im Gepäck kam ich mehr als gut über die Runden. Die Route - kein Rundkurs - machte riesig Spaß, und gerade als ich mich auf ein letztes hartes Viertel einstellte breitete sich unter einer riesigen Brücke bereits die Wisła aus und leicht abschüssig ging es mit über 50 km/h nach Warschau hinein - auf einer dreispurig gesperrten Autobahn! Der einzige unangenehme Abschnitt war ein Tunnel der noch zweimal durchquert werden musste - hier war ich froh kein getöntes Visier auf der Nase zu haben und erreichte glücklich, bevor drei Stunden vergangen waren, die T2.

Nach einem ebenfalls schnellen Wechsel stellte ich zufrieden fest, dass die Beine immer noch gut waren und eine tolle Zeit in Aussicht lag ohne beim Laufen überzocken zu müssen. Wetter, Zuschauer:innensupport und Helfer:innen waren großartig, und so verging die Zeit bis zur letzten 5km-Runde wie im Flug. Spätestens die letzten 5km wird es meistens nochmal hart, doch Muskelprobleme oder Gehpausen hatte ich keinerlei und so ging es schließlich getragen von frischem Endorphin durch den Zieleinlauf!

Überwältigt von diesem perfekten Rennen, alten Erinnerungen und den vielen neuen Eindrücken ließ ich mich ins Gras fallen und schaute in die Wolken am blauen Himmel hinauf. Manchmal braucht es einfach ein Rennen für so etwas; die Emotionen - nun kamen sie. Danke, Warschau!

Text von Eike H.