170km auf der Moldau – Budějovice-Praha

Erstellt am 15. Juli 2020

Auf der Suche nach der etwas anderen Kanuveranstaltung hatte ich dieses Rennen in der Tschechischen Republik entdeckt. 2019 sollte die 170 km Strecke noch am Stück gefahren werden, aber das war uns einfach zu heftig.
2020 war es dann soweit. Als am 15.06. die Coronagrenzen endlich aufgingen, sollte unserer Teilnahme an dem diesmal 3-Tage-Rennen dann doch noch Wirklichkeit werden. Also nicht umsonst trainiert! Unser Boot wurde eine Nelo Viper K2 vom KKC Berlin, ein perfektes Boot, um lange Strecken sicher zu meistern. Ach so, wir – das sind übrigens Basti vom KKC Berlin und Holger von TiB Oberspree. Wir fuhren also am Donnerstagnachmittag von Berlin nach Prag und waren 3,5 h später dort. 2h später kamen wir in „České Budějovice“ an. Petr, der Rennleiter und Ausnahmeathlet, begrüßte uns mit Handschlag. Das kannten wir schon gar nicht mehr! In Tschechien sind die Menschen wohl doch entspannter als in Deutschland. Es war wie im Urlaub, leckeres Bier und nette Menschen!

Der nächste Tag begann mit Nebel und sehr viel Wasser in der Moldau. War durchaus beeindruckend für einen Zahmwasserpaddler. Es gab ein extra Briefing von Petr auf englisch für uns. Somit konnten wir auf dem Fluss also nicht verloren gehen. Beim Start hielten wir uns dezent zurück: Erst mal schauen was so geht.

Der erste Tag bot uns 4 Portagen, die man sportlich nehmen sollte. Sonst landet man gleich ziemlich weit hinten. Wir hatten das Umtragen kaum trainiert – und merkten dies dann auch. Die K1 Fahrer nahmen uns immer ca. eine Minute bei der Portage ab. Die fuhren wir dann wieder raus bis zum nächsten Wehr.

Aber auch sonst gab es nette Hindernisse, zum Beispiel die bis dato unbekannten Anglerposen. Wir dachten erst das seien kleine Ankerbojen, die stellten sich aber als Angelmarkierungen mit nachfolgenden Angelsehnen heraus. Da fuhren wir prompt rein, wieder was gelernt. So waren wir jetzt ständig auf der Hut vor diesen kleinen Bojen. Zum Ende des Tages, waren wir dann doch wieder allein. Vojtěch hat bei der dritten Schleuse alles riskiert und das Wehr befahren. Respekt bei diesem Wasserstand!

Nach 68 km kamen wir dann durchaus entspannt ins Ziel des ersten Tages. Die erste Übernachtung fand auf dem Zeltplatz „Husárna“ statt. Ein wirklich schöner Platz, ganz weit draußen. Wir fühlten uns dort von Anfang an wohl. Die charmante Art des tschechischen Improvisierens begeisterte uns.
Der zweite Tag begann mit dem frühen Start der langsameren Boote, wir durften zu den Schnellen. Viele dachten am ersten Tag unser K2 ist das schnellste Boot auf der Strecke, aber wir sind halt nicht so schnell bei der Portage und die Nelo Viper K2 ist halt auch kein Rennboot, sondern ein Touringboot, und wir keine gelernten Rennsportler, sondern mittelalte Quereinsteiger.

Das größte Hindernis auf dieser Tour war der Orlikdamm. Dort kann man nicht Umtragen. Da ist Fahrstuhlfahren ist angesagt. Die Zeit wird bei der Ankunft angehalten und bei Abfahrt im Unterwasser wieder gestartet. Also nach 17 km Zeit für eine Pause. Fast wäre der Fahrstuhl ohne mich abgefahren als ich aus dem Dixi-Klo kam. Im Unterwasser war es dann extrem frisch. Klar - das Wasser aus der Talsperre wird tief entnommen.

Nach 9 km kam das nächste Hindernis. Wieder Zeit verloren, aber wir wurden besser! Dann begannen 32 lange Kilometer ohne Aussteigen. Klappte bei uns nicht ganz, wir haben halt keine Pumpe an Bord…. Je näher wir Prag kamen, umso mehr Motorboote tauchten auf. Aber als Berliner ist man wirklich mehr gewöhnt. Wir sahen sogar noch Joachim aus Linz von hinten, kamen aber nicht mehr an ihn ran.
Der zweite Zeltplatz war auf gewisse Art und Weise auch spannend. Beim Aussteigen unterhielten sich die Kinder am Strand in einer mir verständlichen Sprache, sie sprachen russisch. Hatte ich dann doch einen Sonnenstich? Nö, der ganze Platz war mit Partyrussen bevölkert. Da war beim Zeltaufbau Vorsicht geboten Also bauten wir unser Zelt an der Tischtennisplatte auf, ist jetzt nicht so ganz das russische Ding. Aber leider hatten die Herren gegenüber Lust, beim Ausdauergrillen mit lauter russischer Popmusik beschallt zu werden. Nichts dagegen einzuwenden. Höre ich manchmal auch…. Aber gegen 21 Uhr war dann nochmal Umzug angesagt. Irgendwie muss der Regen in der Nacht dann auch diese Party beendet haben.
Der dritte Tag ist nur eine Kurzstrecke von 31 km von Slapy nach Praha. Allerdings fährt man vorher vom Zeltplatz noch 2 km und trägt dann an der Staumauer um. Der eigentliche Wettkampf startet hinter dem Damm, tief unten im Tal. Wir durften dann wieder mit den Schnellen an den Start, im Rahmen des kleineren Rennens Slapy-Praha. Hier waren allerdings viel mehr Sportler am Start. Verständlich. Budweis-Prag ist schon etwas speziell. Beim Start hielten wir uns wie immer dezent heraus, ein, zwei Leute gingen da auch schon baden. Das Feld sortierte sich und wir uns auch. Mit Joachim aus Linz heute mit zuschwimmen war unser Plan. Das passte auch, wir hatten ihn immer im Blick. Die erste Portage war wie immer: wir wurden von den K1 Boote laufenderweise überholt.

Ein tätowierter Mittfünfziger mit Kinnbart wollte uns dann ungefragt erklären, wie wir zu fahren haben. Na ja – wir hielten uns lieber an die Gammeltaktik: Einfach mit dem Zweier hinten ans Feld ran und ausgeruht… War dann aber doch zu langweilig. Um an der der zweiten Umtrage Platz zu haben, gaben wir uns etwas Mühe. Das Murmeltier grüßte dann wieder auf dem Landweg: Eingestiegen, die Cola getrunken und weiter Joachim im Blick. Die letzten Meter wurden noch mit einer Bootsgasse versüßt. Alle haben uns zugeraten das Ding zu fahren. Na gut. Also durch! Und – Basti wollte gleich nochmal…

Die letzten anderthalb Kilometer packten wir dann noch etwas aus und überholten sogar noch den tätowierten Midlife-Criser… Ja und wie das so ist, dann biste halt da. Im Ziel…. Joachim hat in der Endabrechnung eine Sekunde Vorsprung. Respekt gut gearbeitet!! Die Siegerehrung war wirklich schön, jeder der auf der langen Strecke unterwegs war, wurde bedacht. Es war gut zu sehen, wie sich alle geschlagen hatten.

Unser Fazit zum Rennen von České Budějovice-Praha: Ein durchaus fordernder Wettkampf, wo Ausdauer, Taktik, Gewässerkenntnis von Vorteil sind. Wer gut und schnell an den Wehren Umtragen kann, hat schon halb gewonnen. Die Organisation war perfekt! Alles lief wie am Schnürchen. Ich glaube das ist meine Alternative zum Hiddenseemarathon! So richtig kann ich nicht verstehen, warum die Moldau in diesem Teil so selten von Paddelbooten befahren wird. Ein wirklich schöner Fluss mit netten Menschen.

Autor: Holger Trapp
Fotografin: Helga Viehböck